Reise zum Anfang der Zeit - page 1

Reise zum Anfang der Zeit
von Win Labuda
Nahezu alle in den vergangenen Jahrzehnten vorgestellten fotografischen Werke
beziehen sich mehr oder weniger auf zuvor bekannte Inhalte in veränderter Auf-
machung oder neuer Sicht. Dies ist auch ein legitimer Weg zur Bewahrung und
Fortschreibung der uns überlieferten Kultur. Ich wollte nach Wegen suchen, das
bereits Bekannte zu durchkneten und aus dieser verheißungsvollen Masse
Neues zu schaffen. Ich kommentiere durch meine Bilder zunächst einmal das
Werk bekannter Fotografen. Diese bildnerischen Kommentare gliedern sich in
solche mit alternativem Denkansatz oder fortschreibendem Charakter. „Reise
zum Anfang der Zeit“ versteht sich in erster Instanz daher als Ausdeutung zu
den fotografischen Werken von Henri Cartier-Bresson (1908 - 2004), Brassaï
(1899 - 1984), Paul Caponigro (*1932) und Hiroshi Sugimoto (*1948).
1 -
Aufbruch in die Zeit,
FH 023
2 -
Abendklang 1,
FH 058
Die Serie „Menschen heute“ kommentiert das Werk von Henri Cartier-Bresson,
indem sie den fotografierten Menschen von dem im Grunde bildjournalisti-
schen Fokus des „entscheidenden Moments“ befreit und ihm den Fokus der
entscheidenden Positur gegenüberstellt.
1
Die Serie „Bilder und Zeichen“ knüpft an den Teil des Werks von Brassaï an, in
dem er sich der fotografischen Abbildung von Graffitis und Mauer-Ritzungen
zugewandt hatte. Wie andere so war auch ich in den vergangenen Jahrzehnten
darum bemüht, das Brassaï'sche Werk in seinem Sinne fortzusetzen.
2
Die Serie „Heimat der Götter“ ist demWerk des amerikanischen Fotografen
Paul Caponigro verpflichtet, der in den 1960er Jahren Irland bereist hatte, um
dort die Megalith-Architekturen zu fotografieren. Während Caponigro einen
objektbezogenen fotografischen Ansatz verfolgt hatte, habe ich in meinen Bil-
dern durch Einbeziehung des Himmelsraums und bestimmter Wolkenformatio-
nen eine größere Raumbezogenheit und eine transzendente Anbindung ver-
sucht, wie sie der vermuteten religiösen Natur der Steinzeitmenschen entspre-
chen könnte.
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Die Serie „Am Anfang der Zeit“ kommentiert Hiroshi Sugimotos „Seascapes“
und setzt sich inhaltlich aber auch von diesen ab. Nicht ohne Grund habe ich
den Mittenhorizont Sugimotos, diese Metapher für die Unterordnung der Natur
unter eine einzige geometrisch bestimmte und zudem ungewohnte Sicht-
Ebene, verändert; ich habe die Horizonte meiner „Counter-Seascapes“ zumeist
außermittig angeordnet und einzig für diese Serie das Medium der Farbfotogra-
fie gewählt. Wie auch in „Heimat der Götter“ habe ich die Himmelsräume und
das Räumliche deutlicher hervorgehoben.
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